Fünf Kilometer lang und bis zu 50 Meter breit ist der Strand von Binz – und liefert damit das vielleicht beste Argument für einen Trip in das größte Seebad von Rügen. Doch es gibt natürlich viele weitere gute Gründe für einen Urlaub in Binz. Und einige wenige dagegen.
1. Sonne zum Frühstück
In Binz fängt schon der Tag gut an. Denn der Strand schaut nach Osten und damit der Morgensonne ins Gesicht. Man kann also mit der ersten Kaffeetasse in der Hand der Sonne dabei zuschauen, wie sie am Horizont dem Meer entsteigt. Wer kein Meerblickzimmer in der ersten Reihe gebucht und das Spektakel vor dem Fenster hat, geht früh an den Strand und setzt sich in den Sand. Wer nicht sitzen will, macht etwas Yoga. Der Sonnengruß bietet sich hier natürlich an. Und jedes Mal, wenn sich dabei die Arme gen Himmel schieben, ist auch die Sonne ein Stück höher. Als würden die Bewegungen des eigenen Körpers wie eine Kurbel wirken, die den Feuerball an den Himmel hievt. Danach am besten die Promenade entlang spazieren, denn: siehe 2.
2. Die weißen Villen von Binz
Der Morgen in Binz, er gehört den weißen Villen. Denn kaum dass der Tag beginnt, strahlen sie schon. Wahre Schönheiten halt, sie brauchen keine Kosmetik. Nur ein bisschen Morgensonne, die sie in ein sanftes Licht taucht. Und durch verspielte Verzierungen spannende Schatten wirft. Am besten macht man sich in aller Frühe auf, denn dann taucht die Morgensonne die Bäderarchitektur ins perfekte Licht, während die leere Promenade Raum lässt für Zeitreisen in Gedanken…
Tipp: Am Haus des Gastes starten regelmäßig Führungen zur Bäderarchitektur des Ortes. Wer lieber alleine loszieht, sollte das Handy nicht vergessen. Denn an vielen Häusern kommt man über einen QR-Code an Informationen zum Haus und seiner Geschichte.
3. Ulrich Müther!
Ulrich Müther hat einen ganz besonderen Schwung in die DDR-Architektur gebracht: Berühmt sind seine hauchdünnen, fantastisch gekrümmten Betondächer, mit denen er großflächig Glasbauten bedeckte. Zum Beispiel den Teepott in Warnemünde oder die Ostseeperle in Glowe. In Binz wurde der „Landbaumeister von Rügen“ 1934 geboren, in Binz ist er 2007 gestorben – und in Binz steht mit seinem Rettungsturm eine wahre Ikone der modernen Küstenarchitektur. Einen guten Blick darauf hat man übrigens vom Mütherplatz direkt an der Promenade.
Tipp: Für futuristische Nachtaufnahmen wie diese (siehe Bild) eine Fototour mit Mirko Boy buchen. Jeden Freitagabend zieht der los und setzt dann auch Müthers Ufo mit einer mehrfarbigen Taschenlampe in Szene. Kamera auf das Stativ schrauben, lange Belichtungszeit einstellen – und staunen.
4. Binz hat nicht nur eine Seeseite, sondern zwei!
Oh, wie schön ist die Seeseite von Binz! Freundlich schwappt das Meer an den breiten Sandstrand. Stolz stehen die prächtigsten Villen in der ersten Reihe. Fotogen hockt Müthers Ufo in den Dünen. Keine Frage, hier gibt es soviel zu sehen, dass man der Promenade samt Seebrücke kaum den Rücken kehren mag. Wer das aber trotzdem macht, stellt kurz darauf fest: Binz hat nicht nur eine Seeseite, sondern zwei!
Die zweite liegt auf der anderen Seite des Ortes, am Schmachter See. Im Jahr 2003 hat sich Binz mit dem „Park der Sinne“ die Rückseite poliert. Als Außenstandort der Internationalen Gartenausstellung entstand eine weitläufige Park- und Gartenanlage mit Terrassen und Bänken, mit Blumenrabatten und verspielten Skulpturen. Lavendel duftet, Fontänen plätschern, eine hübsche Holzbrücke führt ein Stück auf den See, die große Schwester am Meer imitierend.
Tipp: Der Schmachter See ist der perfekte Ort für einen Sundowner. Denn die Sonne geht direkt über dem Wasser hinter dem Wald unter und taucht die Szenerie ins schönste Licht.
5. Zeitreise auf Schienen
Wer glaubt, historische Dampflocks wären nur was für sehr junge oder sehr alte Menschen, wird hier schnell eines besseren belehrt. Denn wenn sich die polierte schwarze-rote Lock tutend in den Binzer Kleinbbahnhof schnaubt und dabei so viel Dampf wie nostalgischen Charme verbreitet, ist das ohne Frage ein ergreifender Moment. Wer einsteigt, reist auf besondere Art. Mit etwas Glück hängt ein Büffetwaggon dran. Dann unbedingt dort Platz nehmen – auch wenn man sich damit zum Verzehr verpflichtet und der Cappucchino für 3 Euro aus der Tüte kommt, das Ambiente ist es allemal wert.
Der Rasende Roland ist nicht nur eine Attraktion, sondern auch praktisches Verkehrsmittel: Mit ihm kommt man etwa über Baabe nach Göhren oder über Putbus nach Lauterbach. Die 24 Kilometer lange Strecke ist übrigens das, was vom einst 100 Kilometer langen Streckennetzt der Rügenschen Kleinbahn übrig blieb und auch das erste, das überhaupt gebaut wurde: Am 22. Juli 1895 wurde die Strecke zwischen Binz und Putbus eröffnet.
6. Der Wald ist ganz nah
Gleich hinter Binz liegt die Granitz, das hügelige Waldgebiet mit rosarotem Jagdschloss, mystischem See und zauberhaften Meerblicken. Wem es am Strand zu voll ist, findet hier im Schatten hoher Buchen etwas Abkühlung und Muße. Das Jagdschloss thront auf der höchsten Stelle der Granitz, dem 107 Meter hohen Tempelberg. Und wer die gusseiserne Wendeltreppe im Turm bis nach oben schafft, kann bei gutem Wetter von dort die gesamte Insel überblicken.
Doch es gibt noch mehr zu entdecken in der Granitz. Einige Kesselmoore liegen hier. Und mit dem 23 Hektar großen Schwarzen See sogar ein Kesselsee. Dieser Gewässertyp ist ausgesprochen selten und gemeinsam mit den Mooren und dem umschließenden Wald ist der Schwarze See sogar als Kernzone des Biosphärenreservats Südost-Rügen ausgewiesen. Mehr über die kulturellen und landschaftlichen Besonderheiten der Granitz erfährt man im Granitzhaus, dem offiziellen Ausstellungs- und Informationszentrum des UNESCO Biosphärenreservates Südost-Rügen. Die Ausstellung ist interaktiv gestaltet, der Eintritt frei.
7. Ein Herz für Gäste
Wir haben ja schon viele Touri-Infos gesehen. Diese hier aber bietet weit mehr als Touristen und Informationen. Neben dem obligatorischen Infothresen mit Flyer-Flut und Souvenirs in der Vitrine gibt es hier allerlei Ecken und Nischen, um Regentage auszusitzen, Pläne zu schmieden oder kurz der Hitze am Strand zu entfliegen. So kann man im oberen Geschoss auf gemütlichen Sesseln bei einer Tasse Tee in Tageszeitungen blättern. „Haus des Gastes“ heißt die Touri-Info in Binz. Und das völlig zu Recht.
Was eventuell gegen Binz spricht:
1. Hier wird geklotzt, nicht gekleckert
Wer gern Sandburgen baut, findet dafür am Strand zwar reichlich Sand, könnte aber dennoch ein Problem haben. In dieser Ecke Rügens wird traditionell nämlich eher geklotzt statt gekleckert. Man muss nur rechts die Promenade runter laufen und schon zieht sich der monströse Bau der Nazis die Küste von Prora entlang (über 4,5 Kilometer lang!). Links in Binz wurde im Sommer 2019 die größte Sandburg der Welt gebaut (18 Meter hoch!). Und irgendwo dazwischen sitzt man dann mit Eimerchen und Schaufelchen im Sand – und kommt sich ziemlich klein vor. Bloß nicht einschüchtern lassen! Einfach machen. Wie? Das steht hier.
2. Es ist unübersichtlich
Zahlreiche Restaurants locken die Urlauber an ihre Tische. Wer sich nicht auskennt, landet schnell mal da, wo es ihm nicht schmeckt. Wie überall, wo viele Touristen sind, ist oft schwer zu unterscheiden, welches Restaurant sich lohnt und welches nicht. Nichts falsch machen kann man zumindest hier: in der Strandhalle und im Bootshaus, in der Brasserie Loev sowie im Freustil. Und ein kleiner Geheimtipp am Rande: in der Weinhandlung Monte Vino gibt es leckere kleine Gerichte – und gute Argumente dafür, schon Mittags einen edlen Tropfen zu kosten. Ihr habt noch weitere Tipps für Binz? Dann nutzt gern die Kommentare für Empfehlungen!
3. Es ist voll
„Wenn Sie es irgend einrichten könnten, kommen Sie nicht zur Hochsaison nach Binz, denn dann ist es auf der Strandpromenade so voll wie beim Sommerschlussverkauf“, mahnt Holger Teschke in seiner Gebrauchsanweisung für Rügen und Hiddensee, „auch im Frühjahr oder Herbst kann man hier noch sehen und gesehen werden, falls Sie wert darauf legen.“ Doch man muss sich nicht seufzend dem Hype ergeben, sondern kann den Massen auch schnell entkommen (siehe etwa oben unter 4. und 6.). Und selbst an der trubeligen Promenade gibt es Momente wie diese, wo man sich fast allein wähnt mit sich und dem Meer und Binz:
Buchtipps
Nach Binz führt natürlich auch unser neuer Reiseführer 52 kleine und große Eskapaden in Mecklenburg-Vorpommern an der Ostsee: Ab nach draußen! (DuMont Eskapaden). Wenn Ihr das Buch hier bei Amazon bestellen wollt, unterstützt Ihr nicht nur die Autorin, sondern auch dieses Portal mit ein paar Cents, am Kaufpreis ändert sich aber nichts.
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