Der Traum vom eigenen Hotel – so wird er real

Die deutsche Küste ist so beliebt wie lange nicht mehr, der Tourismus boomt und damit auch die Hotellerie. Das eigene Hotel bleibt für so manchen daher nicht nur ein Traum, sondern wird eine echte Alternative zum bisherigen Arbeitsleben. Ute Rieger und Robert Cordes aus Kiel beraten angehende Hoteliers, damit ihr Vorhaben ein Erfolg wird – und sind dabei selbst sehr erfolgreich: 2017 wurden sie „Berater des Jahres“.

 

zweiküsten: Das Leben eines Hote­liers ist bekan­ntlich nicht von Müßig­gang geprägt, son­dern im Gegen­teil ein 7‑Tage-Job. Warum träu­men trotz­dem so viele von ihrem eige­nen Hotel?

Rieger: Sich aus den Zwän­gen des Angestell­tenda­seins befreien, alles hin­schmeißen und sein eigen­er Chef wer­den, und zwar dort, wo es am schön­sten ist – das ist für viele sehr verlockend.

Cordes: Hinzu kommt, dass Hotels in Fil­men und Büch­ern oft einen ganz beson­deren Zauber haben. Das Fernse­hen hat sog­ar ein eigenes Genre rund um Traumho­tels und Hotels unter Pal­men gestrickt, wo entspan­nte Hote­liers durch ihre tollen Anwe­sen lust­wan­deln. Wer möchte da nicht Hotelchef sein?

Ute Rieger und Robert Cordes

Ute Rieger und Robert Cordes vor Kiel­er Kulisse © Cordes und Rieger

Einige Schaus­piel­er und andere Promi­nente machen es sog­ar im realen Leben vor – und eröff­nen ihr eigenes Hotel. Offen­bar kann jed­er ein Hotel eröffnen.…

Cordes: Im Prinzip schon. Wir haben schon Jugendp­far­rer, Sekretärin­nen und Bankangestellte erlebt, die sich ihren Traum vom Hotel erfüll­ten. Die Hotel­lerie ist ide­al für Quere­in­steiger! Es gibt keine großen Ein­tritts­bar­ri­eren: Das Know How kann man sich erwer­ben und das Kap­i­tal bekommt man, mit etwas Geschick, auch zusammen.

Rieger: Allerd­ings sollte man men­tal und physisch einiges mit­brin­gen. Etwa das, was wir die 4 M’s nen­nen: Man muss Men­schen mögen! Ohne Empathie und Ein­füh­lungsver­mö­gen geht es nicht – und zwar nicht nur im Umgang mit den Gästen, son­dern auch mit den Mitar­beit­ern. Ein fün­ftes M kommt dazu. Mut braucht man!

Cordes: Und man muss gern als Unternehmer arbeit­en und auch mal mit schlaflosen Nächt­en klar kom­men, die eine Exis­ten­z­grün­dung mit sich bringt.

Und damit, keinen Urlaub zu haben…

Cordes: Das ist ein Vorurteil. Urlaub muss drin sein – wenn vielle­icht auch nicht in den ersten zwei Jahren. Sollte es nach der Start­phase aber immer noch nicht möglich sein, dann stimmt das Geschäftsmod­ell nicht. Dann ist es eine Sack­gasse ohne Wendemöglichkeit.

Wie finde ich die passende Immo­bilie?

Cordes: Zunächst fragt man sich, an welchem Ort man sich wohl fühlt, oder in welch­er Region. Dann geht man los und schaut, was einem ange­boten wird – über Mak­ler und im Inter­net. Am besten hört man sich auch bei denen um, die es manch­mal als erste wis­sen, wenn ein Hotel aufgegeben wird: bei Banken etwa, oder Getränkelieferern.

Leben, wo andere Urlaub machen – die Hote­liers von Mein Insel­ho­tel auf Amrum haben mit Hil­fe von Cordes und Rieger ihre Fam­i­lien­pen­sion zum kleinen Traumho­tel umge­baut. © Mein Inselhotel

Wie lange dauert es, bis man sein Objekt gefun­den hat?

Cordes: Mit ein bis zwei Jahren muss man rech­nen. Man sollte sich Zeit nehmen und auch Objek­te anschauen, die einen vielle­icht nicht gle­ich so anschock­en. Denn bei jed­er Besich­ti­gung lernt man etwas, sam­melt Erfahrun­gen, die einem später beim Trau­mob­jekt zu Gute kom­men. Man sollte die Suche als Train­ing sehen.

Kaufen oder pachten?

Cordes: Bei­des hat seine Vor- und Nachteile: Beim Kaufen muss ich ver­hält­nis­mäßig viel Geld bewe­gen, mit dem Risiko, bei einem späteren Verkauf vielle­icht nicht das einz­u­fahren, was man sich erhofft hat. Beim Pacht­en muss ich sehr viel weniger Geld bewe­gen, mich manch­mal noch nicht mal um das Klein­in­ven­tar wie Geschirr küm­mern und habe nach Ablauf der Pacht nicht das Prob­lem, mich um einen Nach­fol­ger küm­mern zu müssen.

Dafür sind einem aber auch hier und da die Hände gebunden…

Genau, ich kann mich nicht so frei ent­fal­ten wie ich vielle­icht möchte und habe Aufla­gen und Ein­schränkun­gen. So kann ich zum Beispiel in der Regel nicht ohne weit­eres den Namen ändern. Neben kaufen oder pacht­en gibt es übri­gens noch die Möglichkeit des Mietens. Let­ztlich ist es sich­er eine Typfrage, was bess­er zu einem passt.

Bei der Finanzierung geht es in der Regel nicht ohne Kred­ite und Banken. Wie überzeugt man dort mit seinem Vorhaben?

Cordes: Ganz wichtig ist ein klares Pro­fil, ein überzeu­gen­des Konzept. Zim­mer a la „qua­dratisch prak­tisch gut“ und ein­er Lob­by, die aussieht wie eine Möbe­lausstel­lung bei Möbel Kraft reichen nicht mehr.

Rieger: Die Gäste sind anspruchsvoller und wollen über­rascht wer­den. Man muss also eine klare Lin­ie find­en, eine Art Leit­bild, und ein Werte­gerüst entwick­eln – und das dann in aller Kon­se­quenz und allen Facetten umzuset­zen. So haben wir zum Beispiel ein Yoga-Hotel betreut und das The­ma gemein­sam mit den Betreibern in sämtlichen Bere­ichen durchge­spielt: beim Essen, beim Ambi­ente, beim Auftritt, etc.

Wie find­et man sein eigenes Konzept?

Rieger: Man fragt sich: Was passt zu mir, was passt zum Gebäude, was passt zur Region? Was machen die anderen? Was kann ich authen­tisch real­isieren? Welche Poten­tiale habe ich vielle­icht noch gar nicht umge­set­zt? Was sind die Trends der Zukun­ft? Dabei ist es immer sin­nvoll, in eine Nis­che zu gehen, einen ganz klaren Fokus zu setzen.

Gibt es derzeit einen bes­timmten Trend bei neuen Hotels?

Rieger: Rück­zug­sorte sind ger­ade sehr im Kom­men: Hotels ab vom Schuss, mit viel Natur drumherum und vielle­icht sog­ar ohne Handy-Emp­fang. Die Nach­frage nach solchen Orten ist momen­tan sehr groß. Auch die The­men Nach­haltigkeit und Fair­ness wer­den immer wichtiger. Dazu passt auch Upcy­cling und der Do-it-yourself-Trend.

Ein großes Prob­lem für Hote­liers ist es derzeit, Mitar­beit­er zu finden…

Cordes: Auch hier hil­ft ein klares Pro­fil. Je spez­i­fis­ch­er und span­nen­der das Konzept, desto eher finde ich Mitar­beit­er. Und das sind dann nicht irgendwelche, son­dern Men­schen, die sich mit dem Haus und seinen Werten iden­ti­fizieren kön­nen, authen­tisch sind. Dann stimmt das Gesamt­paket, der Gast fühlt sich wohl – ein weit­er­er Baustein zum Erfolg ist gelegt.

Inter­view: Cor­nelia Jeske

 

Konkrete Beispiele gefäl­lig? Hier erzählen Hote­liers von ihren Hotels:

Ker­stin Jöns – Mein Insel­ho­tel auf Amrum

Detlef Schel­er – Phar­isäer­hof auf Nordstrand

Chris­tine Zim­pel – Vil­la Dorothea auf Usedom

Sascha Tiesh­en – Letj Bri­is auf Amrum

 

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