Aldi setzt die Sprotte in Szene – und erinnert uns an glückliche Kindheitstage. Ein bisschen.
Wenn die Familie im Ostseeurlaub an der Fischbude bestellte, war die Sache klar: Sprotten sollten es sein. Mit denen verband mich zum einen das Schicksal, die Kleinste zu sein in der Familie. Außerdem gab es immer gleich eine Handvoll davon (von einer Sprotte allein wird man ja nicht satt). Und mehr auf dem Teller zu haben als die Größeren, war in jenem Alter aus irgendwelchen Gründen sehr wichtig.
Doch kaum lagen die toten Fische verzehrbereit auf dem Teller, wollte ich sie nicht mehr. Was ich in den langen Monaten zwischen den Ferien nämlich vergessen hatte: Die Sprotte wird sowohl mit den Gräten als auch mit allem Inneren verzehrt. Das kostet Überwindung. Und dann? Die Gräten knirschen zwischen den Zähnen. Der Fisch schmeckt bitter. Und der Kopf kann nicht aufhören daran zu denken, was man da eigentlich im Mund hat. Älter und klüger geworden kam die Sprotte nicht mehr auf den Tisch.
Und jetzt liegt sie da plötzlich in der Dose im Supermarkt und glubscht mich durch den transparenten Deckel von der Seite her an. Natürlich landet die Dose im Einkaufswagen. Wann verrät eine Fischbüchse schon mal, wie es in ihr wirklich aussieht? Und hat so ein aufgeräumtes Inneres in Zeiten, wo die Welt chaotisch und undurchschaubar geworden ist, nicht noch mal eine besondere Anziehungskraft? Überhaupt: So eine schöne Fischdose hat man ja noch nie gesehen.
Daheim widerstehe ich kurz der Versuchung, das Ding so wie es ist an die Wand zu nageln und ziehe die Lasche, die den Deckel öffnet. Der Geruch von Öl strömt mir entgegen. Das Öl bestimmt auch den Geschmack, scheint die Gräten aufgelöst zu haben und alle Bitterkeit verschwinden lassen – und damit auch noch die winzigste Erinnerung an die Sprotte aus Kindertagen. Das ist im Prinzip natürlich in Ordnung. Aber die nächste Dose landet vielleicht doch eher an der Wand.
jes.
Die Sprottendose gibt es für 1,29 bei Aldi Nord.